Feb 2025
geschrieben von:
Tobias Heuser, M.Sc. – Direktor für Angewandte Künstliche Intelligenz und Innovation bei [ui!]
Karim Garri, M.Sc. – Direktor für Strategie bei [ui!]
Für unsere Wälder und die damit verbundenen Ökosysteme stellen Waldbrände eine ständig wachsende Bedrohung dar. Angesichts des sich verändernden Klimas und der zunehmenden Häufigkeit extremer Wetterereignisse gewinnt die effektive Überwachung und Bekämpfung von Waldbränden in Deutschland eine immer größere Bedeutung. Besonders die Kiefernwälder im Nordosten Deutschlands sind von dieser Gefahr stark betroffen, da sie aufgrund ihrer häufig trockenen Bodenverhältnisse sowie weiteren äußeren Einflüssen wie Borkenkäferbefall besonders anfällig für Brände sind. In diesem Artikel werden die Möglichkeiten des Einsatzes von Drohnen, Künstlicher Intelligenz (KI) und Datenplattformen vorgestellt, um Waldbrände in Deutschland noch besser beherrschbar zu machen.
Waldbrände tragen jährlich zu einer erheblichen Menge an CO2-Emissionen bei, die zum Klimawandel beitragen. Studien schätzen, dass Waldbrände für etwa 5-10% der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind und den Klimawandel beschleunigen.1 Wie auf der Konferenz der Weltmeteorologischen Organisation in Davos 2023 berichtet, betragen die durchschnittlichen jährlichen weltweiten Kosten von Waldbränden mehr als 50 Milliarden US-Dollar, die in den letzten Jahren zugleich stark gestiegen sind.2 Es wurde auch festgestellt, dass die globalen Waldbrände 2021 allein mehr als 6.400 Megatonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt haben und dass bis 2050 ein enormer Anstieg extremer Brände weltweit zu erwarten ist. Darüber hinaus werden die Brandmuster, durch die sich verändernden Wettermuster aufgrund des Klimawandels erheblich beeinflusst, wodurch traditionelle Methoden zur Erkennung und Verständigung weniger effektiv werden.
Das Projekt "KI-basierte Waldüberwachung - Künstliche Intelligenz zur Früh-Detektion von Waldbrand-Ereignissen" (KIWA) hat den Anspruch, neue und innovative Ansätze zur Früherkennung und effektiven Beherrschung von Waldbränden zu erforschen. Es wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) mit einem Volumen von ca. 1,8 Mio. Euro gefördert.
Durch die Integration von Drohnen, KI-Algorithmen, Fernerkundungsdaten und einer Offenen Urbanen Datenplattform kann ein kommunales Lagebild über potenzielle Brandrisiken und -herde gesammelt, analysiert und den Einsatzkräften vor Ort in einer gesamtheitlichen Lösung zur Verfügung gestellt werden.
Drohnen spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung großer Waldgebiete, wie wir sie auch in Deutschland haben. Ausgestattet mit hochauflösenden Kameras und Sensoren können Drohnen große Flächen effizient abdecken und handlungsrelevante Ereignisse schnell erkennen. Die gewonnenen Daten für das kommunale Lagebild werden an eine zentrale Datenplattform übertragen, wo sie von unseren spezialisierten KI-Algorithmen analysiert werden. Diese Algorithmen sind darauf ausgelegt, Anzeichen für potenzielle Brandrisiken und -herde in Bilddaten zu identifizieren, wie zum Beispiel erhöhte Temperaturen, Trockenheit, Rauchentwicklung oder Feuer.
Wir bauen in unserem Projekt zudem einen einzigartigen Datensatz an Fernerkundungsdaten, Felddaten und Drohnen-Bilddaten zu Wäldern auf, der die Basis für unsere leistungsfähigen KI-Algorithmen darstellt. Hierfür haben wir beispielsweise Anfang des Jahres 2024 auf den Kanarischen Inseln in La Palma mit Drohnen unseres Projektpartners Quantum Systems GmbH sowohl normale Farbbilder, sogenannte Multispektralbilder als auch sogenannte Lidar-Daten, also Laserdaten des Terrains, von Waldbrandgebieten mit Kiefernbäumen erhoben. Diese Daten kombinierten wir mit Felddaten am Boden und Fernerkundungsdaten von Satelliten und schaffen so eine nie dagewesenen und konsistenten Datensatz für die Erforschung von Waldbränden mit einer Genauigkeit der Daten am Boden von bis zu 1,5cm.
Die KIWA-Datenplattform dient als zentrale Schnittstelle für die Zusammenführung, Analyse und Visualisierung der gesammelten Daten. Einsatzkräfte können durch die KIWA Entscheidungsunterstützungs-App in Echtzeit auf die Plattform zugreifen und erhalten wichtige Informationen über die Lage und Ausbreitung von Waldbränden. Durch die Integration von historischen Fernerkundungsdaten und Wetterprognosen ermöglicht die Plattform auch eine präventive Planung und Koordination von Ressourcen.
Kernelement der Visualisierungen ist unsere KIWA Entscheidungsunterstützungs-App. Diese webbasierte Anwendung führt alle Datenanalysen, Prognosen und Handlungsempfehlungen an einer Stelle zentral zusammen, sodass Entscheider bei Kommunen, Feuerwehren oder auch beim Katastrophenschutz alle relevanten Informationen auf einem Dashboard zur Verfügung haben.
Die Kombination von Drohnen, KI und Datenplattformen bietet immense Möglichkeiten zur besseren Beherrschbarkeit von Waldbränden in Deutschland. Durch den Einsatz dieser Technologien können Waldbrände frühzeitiger erkannt, schneller eingedämmt und effektiver bekämpft werden. Dies trägt nicht nur zum Schutz unserer Wälder und Ökosysteme bei, sondern auch zur Sicherheit von Menschen und Tier.
Deshalb erproben wir unsere Forschungsergebnisse und Demonstratoren in unserem KIWA Reallabor – um noch bessere Einblicke und Rückmeldungen aus der Praxis zu erhalten und so unser KIWA-System an die Bedürfnisse vor Ort noch besser abstimmen zu können. Im Reallabor soll sowohl unsere digitale Infrastruktur rund um die Offene Urbane Datenplattform [ui!] UrbanPulse als auch unsere KIWA-App für das kommunale Lagebild eingesetzt werden. Darüber hinaus erproben wir unsere Drohnentechnologie mit Künstlicher Intelligenz sowie Fernerkundungsdatenanalysen und beforschen die Waldökosysteme vor Ort – für ein noch besseres Verständnis zu Waldbrandrisiken.
Das KIWA-Konsortium besteht aus vier aktiven Projektpartnern: Die [ui!] Urban Mobility Innovations GmbH als Konsortialführer ist Experte für Datenanalyse, Künstliche Intelligenz und Offene Urbane Datenplattformen und fokussiert sich auf innovative, datengetriebene Lösungen für Kommunen. Quantum-Systems GmbH ist ein innovatives Unternehmen, das hochmoderne unbemannte Luftfahrtsysteme entwickelt und produziert, um Kunden in verschiedenen Branchen weltweit effizientere Lösungen für ihre Herausforderungen zu bieten. Darüber hinaus begleitet das Institut für Angewandte Informatik (IAI) – Technische Hochschule Deggendorf sowie die Universität Bayreuth mit der Professur zu Biogeografie und der Professur zu Störungsökologie das Projekt wissenschaftlich in der Umsetzung und liefern die notwendigen Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung.
Die Staatliche Feuerwehrschule Würzburg als auch das Thünen-Institut begleiten KIWA als assoziierte Partner mit ihrer jeweiligen Expertise zu einerseits feuerwehrtechnischen Themen und andererseits Forschung zu waldbezogenen Themen.
Wir informieren über unsere Forschungsergebnisse und beraten Kommunen, Länder oder alle Interessierten zu effektiven Maßnahmen der Wald- und Flächenbrandfrüherkennung